Was ist für Sechstklässler heldenhaft, wer sind ihre Idole, womit spielen sie? In welche medialen Welten tauchen sie in ihrer Freizeit ab und was nehmen sie um sich herum in ihrer Alltagswelt, in ihrem Umfeld wahr, was gewinnt für sie an Bedeutung? Diesen Fragen gingen Studierende des Bereichs Kunstdidaktik der Universität Erfurt gemeinsam mit Elf- und Zwölfjährigen in einem einwöchigen ästhetischen Forschungsprozess nach.
Sie nahmen Bezug auf die bis zum 15. Juni 2014 im Angermuseum ausgestellten Tapisserien der Künstlerin Margret Eicher, die Bildeindrücke von barocken Tapisserien mit Auszügen aus der modernen Medienwelt verknüpft. Sicherlich waren nicht unbedingt die politischen Bildinhalte zu Michail Chodorkowski für die jungen künstlerischen Akteure präsent. Aber Brad Pitt, der auf einer Montage des Rokoko-Deckengemäldes der oberen Museumsetage mit dem Filmstar, zu sehen war, den nahmen sie wohl - wenn auch irritiert – wahr.
Die Schülerinnen und Schüler setzten sich im Museum mit der Geschichte der Bildweberei auseinander, erfuhren außerdem, dass sich im Barock wohlhabende Adlige extra in Auftrag gegebene große Wandteppiche anfertigen ließen. Sie erkundeten im Museum dabei auch historische Gobelinfragmente und entdeckten darin Motive, Symbole, Gestaltungsmerkmale, die für barocke Webbilder typisch waren. Parallel dazu tauchten sie natürlich in die faszinierende Bilderwelt der Ausstellung „Once Upon A Time in Massmedia“ ab und entdeckten die Dinge in den Montagen, die sie sowohl in den alten Teppichen bereits aufgespürt hatten, die sie aber auch aus der Gegenwart, aus ihrer Alltagswelt schon kannten, nämlich aus Film und Fernsehen, aus dem Internet und Computerspielen, aus Zeitungen und Zeitschriften sowie aus der Werbung.
Die rezeptiv und künstlerisch-praktisch angelegte Museumsexpedition gab Impulse für weiteres gestalterisches Vorgehen in der Schule. Denn dort entstand dann ein ganz besonderer Wandteppich. Die Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer füllten unter Anwendung verschiedener künstlerisch-strategischer Angebote eine große Vliesfläche aus. Sie begannen mit der kreativen Gestaltung des Rahmens und nutzten selbstentscheidend und sich individuell ausdrückend einen breit angelegten Technik- und Materialfundus. Der Eindruck einer Tapisserie-Bordüre entstand hier durch Drucken, Schablonieren, Collagieren, auch malerisch-grafisch und mittels der Textilgestaltung. Hier begannen die Schülerinnen und Schüler bereits, ihre ganz persönlichen Motive und Bildinteressen mit alten Ornamentvorlagen und Entwürfen, die im Museum entstanden sind, zu verknüpfen. Das Innere des Vliesrahmens wurde allein durch Projektion von Foto-, Film- und manuell gestaltetem Material ausgefüllt. Die Kinder spielten mit Überlagerungen verschiedener künstlerisch-technischer Ansätze, sie loteten Grenzen aus, erfuhren, was hierbei machbar ist und letztendlich Wirkung im Sinne einer Bildaussage zeigt. Spannend war es für sie auch, z. B. selbst Gefilmtes und Fotografiertes aus Rundgängen im Schulhaus, auf dem Schulhof oder im städtischen Raum mit einem Materialdia zusammenfließen zu lassen.
Die Ergebnisse der Projektwoche (07.- 11. April 2014) wurden am 11. April 2014 in der Schule und am 12. April 2014 im Angermuseum präsentiert. Ebenso hing der Teppich zur Langen Nacht der Museen im Theater im Palais Erfurt. Auch hier wurden Filmsequenzen und Animationsmaterial auf die weiße Vliesfläche im Inneren der Schüler-Tapisserie projiziert.
Gefördert wurde das Projekt über das Modellprogramm „Kulturagenten für kreative Schulen“, außerdem über die Thüringer Energie AG. Die individuelle künstlerische Betreuung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnte durch die Mitwirkung Studierender der Universität Erfurt unter Anleitung der Kulturagentin Uta Schunk realisiert werden.
Projektbeteiligte: Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 5 bis 7
Kulturpartner: Angermuseum Erfurt sowie Studierende des Fachbereichs Kunst