„Ich bin ... der Minuspol, die Kathode“ - Das Theaterprojekt „Es ist nicht alles Gold, was glänzt“ zum phänomenologischen Lernen der Stadtteilschule Hamburg-Mitte

6. Dezember 2013
Foto: Margaux Weiß

Berufsorientierung mal ganz anders: In Hamburg hat eine 8. Klasse komplexe physikalische und chemische Phänomene der Galvanisierung fächerübergreifend in einer szenischen Collage mit performativen und choreografischen Elementen verarbeitet und anderen Schülerinnen und Schülern präsentiert.

 

Wie kann man aus rostigem Altmetall goldglänzende Gegenstände zaubern? Was genau passiert, wenn eine Oberfläche veredelt wird? Warum sind nicht nur Containerschiffe, sondern auch Handys vom „schönen Schein“ umhüllt? Wie dick muss der Überzug sein, damit er bei Handys oder Essbesteck nicht einfach abbröselt? Eine 8. Klasse der Stadtteilschule Hamburg-Mitte (Standort Griesstraße) näherte sich diesen Fragen und dem Berufsfeld der Galvanisierung. Aus dem untersuchten Stoff entstand mit der Choreografin Rica Blunck, der Physikerin und performativen Wissenschaftlerin Lydia Heuling sowie der Regisseurin Hannah Kowalski vom Forschungstheater das Theaterstück „Es ist nicht alles Gold, was glänzt“, das am 2. Dezember 2013 im Fundus-Theater in Hamburg Premiere hatte.

 

Die Galvanisierung ist ein Verfahren zur Oberflächenveredelung – chemische Formeln, die nicht unbedingt das Herz jedes Schülers bzw. jeder Schülerin höher schlagen lassen. Hier setzt das Forschungstheaterprogramm des FUNDUS THEATER an, das 2012 mit dem BKM-Preis für kulturelle Bildung ausgezeichnet wurde. Das bundesweit einzige szenische Labor, das an der Schnittstelle von Forschung zwischen Kindheit, Kunst und Wissenschaft arbeitet, unterstützt und inspiriert Kinder, Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen in der Kunst des Forschens.

 

Mit künstlerisch-kreativen Mitteln können auch trockene Themen so bearbeitet werden, dass sie Spaß machen und die Kreativität fördern. So war das Projekt auch ein Pilotprojekt, das Berufsorientierung sowie Auseinandersetzung mit physikalischen Phänomenen und ästhetischem Forschen verband und damit neue Lernprozesse initiierte. Dies zeigte sich auch an der Methodenvielfalt und den unterschiedlichen Projektelementen, die von einem Besuch einer Galvanisierungsfirma über „Show and Tell“-Unterrichtseinheiten bis hin zur Projektwoche und Präsentation der szenischen Collage reichten.

 

Als Einstieg in das Thema bediente man sich auch der in den USA und Australien weit verbreiteten Methode des „Show and Tell“: Schülerinnen und Schüler bringen einen Gegenstand mit in den Unterricht und stellen ihn den Klassenkameraden vor. Das erzeugt oft mehr Interesse als Arbeitsblätter oder Schulbuchtexte. Darüber hinaus wird das freie Sprechen vor einer Gruppe trainiert und rhetorische Fähigkeiten werden ausgebaut; eine wichtige Grundlage für die spätere szenische Darstellung auf der Bühne.

 

Bei einem Besuch der Galvanisierungsfirma Gebr. Boege in Hamburg-Bergedorf konnten die Schülerinnen und Schüler beobachten, wie selbst stumpf, rostig und unedel aussehende Gegenstände schön und glänzend werden können. Die anschließende Projektwoche begann mit einem Auftakt der Schülerinnen und Schüler im Forschungstheater, um die Arbeitsweise der Künstlerinnen kennenzulernen und erste Ideen zu generieren. So wurde zu den Themen „Berufsbild“ und „Physikalische Phänomene in Bewegung“ gearbeitet und Expertenfragen unter dem Motto „Was habe ich damit zu tun?“ beantwortet. Aus diesen Materialien entstanden die einzelnen Handlungsstränge des Stückes, die in der Projektwoche zusammengeführt und einstudiert wurden.

 

Entstanden ist ein Stück in Form einer szenischen Collage mit performativen und choreografischen Elementen. In einer Szene performen Schülerinnen und Schüler die Galvanisierung: Links auf der Bühne – mit einem Goldumhang umhüllt – sitzt Sayid und sagt: „Ich bin in diesem Experiment der Minuspol, die Kathode“. Rechts sitzt – klein und unscheinbar – Julia, die sich als eine alte, verrostete aber eigentlich schöne Brosche vorstellt und in diesem Experiment der Pluspol, die Anode ist. Hinzu kommt Ervan – extra aus der Türkei eingeflogen – die einen Vortrag über das elektrolytische Verfahren hält, und während sie spricht, wird der Goldumhang und das Lametta von der Anode zur Kathode transportiert, bis sich schließlich die Kathode und die Brosche vor strahlender Veredelung mit der Moderatorin in einen Freudentanz begibt.

So kann Physikunterricht richtig Spaß machen und sehr kreativ sein – und man kann sicher sein, dass sich das Bild von der erst rostigen und dann schönen Goldbrosche jedem Jugendlichen eingeprägt hat und wirklich jetzt jeder weiß, wie die Galvanisierung funktioniert.

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